Vashlovani – Ritt durch einen georgischen Canyon

Georgien, Oktober 2019. Steine spritzen mir ins Gesicht. Der Wind zischt um die Ohren. Schneller, schneller, signalisiere ich meinem Pferd und lasse ihm die Zügel lang. Ich spüre, wie sich Karoum unter mir streckt und an Tempo zulegt. Steilwände ziehen sich links und rechts von mir empor, ab und zu verirrt sich ein warmer Sonnenstrahl der Abendsonne in den Tiefen des Canyons und streift kurz mein Gesicht. Im haarsträubenden Tempo galoppieren wir über Kies und Unebenheiten durch die Schlucht. Die kleinen Steine, die mir dabei ins Gesicht und auf den Hals geschleudert wurden, stören mich nicht. Wirkungslos prallen sie von meiner Sonnenbrille ab und fallen wieder zu Boden.

Unseren diesjährigen Herbsturlaub verbringen wir in Georgien. Wir sind in Vashlovani, einem Nationalpark an der Grenze zu Aserbaidschan. Dort erwarten uns Steppe, endlose Weite und eben auch Canyons. Auf unserer Tour werden wir begleitet von unserem georgischen Führer Soso, der zwar weder Englisch noch Deutsch spricht, dafür aber seine Pferde so gut im Griff hat, dass diese auf Pfiff reagieren. Außerdem begleitet uns unsere Köchin Maiko mit dem Auto, sie ist Englischsprachig. Nicht zu vergessen unsere tierischen Gefährten Spartak, Karoum und Champur. Des Weiteren unzählige Tüten mit Lebensmitteln und anderen Dingen, die man beim Campen eben so braucht.

Schon die Anreise ist ein Erlebnis. Mit der Marschrutka, einem georgischen, immer vollbesetzten, Sammeltaxi geht es in rasantem Tempo und mit eigenen Verkehrsregeln des Fahrers nach Dedopliskaro. Die Fahrt von Tiflis dorthin dauert knapp drei Stunden. Soso holt uns im Ortszentrum ab und wir fahren eine weitere Stunde durch die Steppe zu seinem Haus. Von dort starten wir unsere fünftägige Tour durch die Wildnis.

Und nun sind wir hier. Einfach großartig! Wie viel mehr Freiheit kann man haben als auf dem Pferd durch die unberührte Landschaft zu galoppieren? Ich genieße den wilden Ritt in vollen Zügen. Bei jeder Wegbiegung muss ich die Bewegung des Pferds erahnen, mich darauf konzentrieren, im Sattel zu bleiben. Das Pferd holt weit mit den Hufen aus, während die Landschaft an mir vorbeifliegt. Auf einmal ertönt ein Pfiff vor mir und Soso schwenkt seine Mütze. Hinter uns schließen Spartak und Philipp auf. Bald werden wir wieder langsamer, bis die Pferde in den Trab übergehen. Ein paar weitere Minuten flotter Trab und auf einmal biegen wir auf eine Wiese ab. Soso bedeutet uns, dass unser Ritt für heute hier endet.  Für mich kommt das viel zu schnell und unerwartet. Dennoch steige ich schweren Herzens vom Pferd. Kaum auf dem Boden merke ich auch schon meine Muskeln. Diese sind nun auf einmal doch vom Reiten müde und schmerzen ein bisschen. Das Zelt muss noch aufgebaut werden, die Pferde versorgt und das Essen kocht sich auch nicht von allein. Zum Glück haben wir Maiko zum Kochen und Soso für die Pferde. Das Zelt steht schnell und Philipp kümmert sich bereits um das Lagerfeuer. Glücklich und erschöpft versammeln wir uns schließlich alle vor dem Feuer. Wir essen, während um uns herum die Grillen ihr Nachtkonzert beginnen und die Nacht über uns die ersten Sterne am Himmel erscheinen lässt.

Ein Kommentar

  1. Wunderschön und sehr anschaulich geschrieben. Wie immer halt. Schön das du weiter schreibst und uns an euren Erlebnissen teilhaben lässt
    Danke

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert